Die Tricks der Finanzbranche

Viele private Geldanleger vertrauen darauf, dass Renditeangaben der Banken, Fondgesellschaften und Finanzmedien gleichsam reine, »objektive« Mathematik seien. Diese Vorstellung ist jedoch wenig zutreffend. Um Renditen legal in einem möglichst günstigen Licht erscheinen zu lassen, macht die Zunft Gebrauch von zwei verschiedenen Tricks. Für beide Tricks lassen sich Hunderte von Beispielen finden.

Trick Nr. 1: Präsentationstricks

Darunter fallen vor allem die Unterdrückung unvorteilhafter und die einseitige Hervorhebung vorteilhafter Informationen, das Ausweisen von Bruttorenditen, die kein einziger Anleger tatsächlich erzielen kann, da er eine ganze Reihe unterschiedlicher Anlagekosten zu bezahlen hat, und die Verwendung nur scheinbar angemessener Vergleichsgrößen.

Trick Nr. 2: Mathematische Tricks

Ein einzelnes mathematisches Verfahren, mit dem Rendite »objektiv« errechnet werden kann, existiert ganz einfach nicht – seien es nun Wertpapier-, Depot- oder Fondrenditen. Vielmehr lassen sich etwa ein halbes Dutzend unterschiedlicher, formal korrekter Rechenmethoden unterscheiden, die – je nach Situation – zu gravierend unterschiedlichen Renditeangaben führen.

Die populärsten Tricks der Finanzbranche sind folgende:

Bruttorenditen ausweisen

Wichtige Kosten, die der Anleger tatsächlich zu tragen hatte, werden in der Renditekalkulation nicht berücksichtigt. Unter der neutralen Bezeichnung \“Rendite\“ wird eine reine Bruttorendite ausgewiesen, die jedoch höher ist als die Nettorendite, also die Bruttorendite nach Kosten, die schlussendlich im Geldbeutel des Anlegers ankommt.

Der durchschnittliche Fonds- oder Einzelwertanleger muss jährliche Kosten von 2 bis 3 Prozent seines Anlagevolumens hinnehmen (exklusive Steuern). Bei Anlegern, die viel traden kann diese Quote leicht auf bis zu 5 Prozent steigen. Nimmt man nun an, dass ein Fonds- oder Einzelwertanleger langfristig bei niedrigem bis mittleren Risiko eine Bruttorendite von 13 Prozent pro Jahr wohl kaum überschreiten kann, verschenkt er bei einer Kostenbelastung von 2,5 Prozent rund 20 Prozent der Rendite auf sein Kapital an die Finanzbranche.

Umgekehrt betrachtet muss ein Anleger, der glaubt, durch seine aktive Anlagestrategie den Markt schlagen zu können, durchschnittlich mindestens 20 Prozent erfolgreicher sein als der Markt, um netto überhaupt erst mit diesem gleichzuziehen. Dass es leicht möglich ist, mit Indexanlagen bei gleicher langfristiger Bruttorendite die laufende Kostenbelastung auf deutlich unter 1 Prozent zu senken, macht Vergleiche der Bruttorenditen aus der Sicht der Anbieter kostenintensiver Anlageprodukte um so nahe liegender.

Den vorteilhaftesten Zeitraum auswählen

Der Renditeberechnung wird eine Zeitperiode zugrunde gelegt, die günstiger war als diejenige, während derer der Anleger tatsächlich investiert war, oder günstiger als diejenige, die ein neutraler Sachverständiger auswählen würde. Ein erstaunlich durchsichtiger, aber dennoch populärer Trick, den Banken und Fondsgesellschaften immer wieder gerne anwenden.

Da Renditen nicht als absolute Größen, sondern erst im Vergleich Aussagekraft gewinnen, stellt sich naturgemäß die Frage, welchen vergangenen Zeitabschnitt man für den Vergleich verwendet. Da es hierzu keine Vorschriften gibt, wählen Fondsgesellschaften und Musterdepot-Manager Zeitintervalle, in denen das betreffende Anlageprodukt eine besonders gute Rendite aufwies. Nun schwanken bekanntlich die Renditen von Wertpapieren und Fonds im Zeitablauf, und so überrascht es nicht, dass es für so gut wie jedes Anlageprodukt einen oder mehrere Zeiträume gibt, in denen es besser als die Konkurrenz oder der Vergleichsindex abgeschnitten hat.

War das im abgelaufenen Jahr nicht der Fall, dann vielleicht in den vergangenen drei, sieben oder 15 Jahren. Was liegt näher, als diese Intervalle in der Werbung zu betonen und die ungünstigen Vergleichszeiträume, zum Beispiel ein, zwei, fünf oder zehn Jahre, entweder im Kleingedruckten zu begraben oder gleich gar nicht anzugeben?

Mit falscher Benchmark vergleichen

Als Benchmark für einen Fonds werden sachlich unangemessene Indizes verwendet, weil diese Vergleichsmaßstäbe eine niedrigere Rendite aufweisen als die eigentlich angemessene Benchmark. So erscheint der eigene Fonds in einem günstigeren Licht. Nicht selten erfolgt der Vergleich auch mit der Durchschnittsrendite einer \“Vergleichsgruppe\“ von Fonds, wenn dieser Durchschnitt niedriger liegt als der Index.

Risiko ignorieren

Der eigene risikoreiche Fonds (mit einer hohen Volatilität = starken Wertschwankungen) wird mit einem Index verglichen, der zwar eine geringere Rendite, zugleich aber auch eine deutlich stabilere Entwicklung aufwies. Ein solcher Vergleich ist irreführend!

Um fair zu sein, müsste er auf risikogewichteter Basis erfolgen. Dennoch messen fast alle Fondsgesellschaften wie auch die meisten Einzelanleger ihre Fonds bzw. Investments permanent an Börsenindizes (Benchmarks), die einen geringeren Risikograd aufweisen. Es ist zum Beispiel gang und gäbe, dass sich deutsche Aktienfonds mit dem DAX vergleichen, obwohl sie bis zu drei Vierteln in kleinere, nicht im DAX gelistete Werte investiert sind.

Diese kleineren Aktien sind aber riskanter (volatiler) als DAX-Werte. Das Ergebnis ist ein Vergleich von Äpfenl und Birnen zum Vorteil des Fonds und zum Nachteil des Anlegers.

Währungsgewinne als Fondsperformance verkaufen

Die in Euro berechnete Rendite eines nicht währungsgesicherten Auslandsfonds (das sind über 90 Prozent aller Auslandsfonds) setzt sich zusammen aus der eigentlichen Kursentwicklung des Fonds in seiner \“Heimatwährung\“ und der Wechselkursentwicklung zwischen dieser Fondswährung und dem Euro.

Dieser Wechselkurseffekt hat nichts mit der Leistung des Fondsmanagements zu tun, er ist schlicht ein äußerer Faktor, den der Fonds als gegeben hinnimmt. Darüber hinaus hängt die konkrete Auswirkung des Wechselkurseffektes (nehmen wir an, es sei ein Gewinn) davon ab, in welcher Währung der Anleger rechnet.

Für einen Schweizer Anleger beispielsweise wird das in seiner Landeswährung zu einer anderen Fondsrendite führen als für einen Deutschen Anleger, der in Euro rechnet, obwohl beide in den gleichen Auslandsfonds investiert haben. Dennoch haben manche Fondsgesellschaften keine Skrupel, Wechselkursgewinne als \“Fondsperformance\“ auszuweisen.

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