Nabisco – Kekse und Cracker aus den USA

Die Geschichte der Keks- und Cracker-Herstellung in Amerika reicht bis ins späte 18. Jahrhundert zurück. Im Jahr 1792 gründete John Pearson die erste kommerzielle Bäckerei in Newburyport (Massachusetts). Sein Ziel war es, „Lotsenbrot“ herzustellen – einen robusten und haltbaren Keks, der Seeleute auf langen Reisen versorgt.

Im Jahr 1801 führte Captain Josiah Bent eine neue Art von Keks in seiner Bäckerei in Milton (Massachusetts) ein. Diese Kekse waren die ersten, die den Namen „Cracker“ trugen, wahrscheinlich aufgrund des knackenden Geräusches, das sie beim Essen machten.

Ein paar Jahre später, im Jahr 1805, gründete Artemas Kennedy die Kennedy Biscuit Works in Arlington (Massachusetts). Der in den 1850er Jahren eingeführte Keks „Kennedy Commons“ war der erste Cracker, der mit Biskuitteig in einem Verfahren gebacken wurde, das ein leichteres und flauschigeres Produkt erzeugte.

Der Grundstein von Nabisco

Adolphus Green (1843 – 1917) war ein erfolgreicher Anwalt in Chicago, der in den späten 1880er Jahren eine enge Verbindung zur Backindustrie aufbaute. Alles begann damit, dass ein Komitee prominenter Bäckereibesitzer aus dem Mittleren Westen in sein Büro kam um seine Hilfe zu suchen.

Die Bäcker erkannten, dass sich die Zeiten änderten und dass sich die Bäckereien mit ihr ändern mussten. Green erkannte das Potenzial, das in der Backindustrie steckte und das Ergebnis dieses Treffens war die Gründung der American Biscuit & Manufacturing Company im Jahr 1890 unter der Leitung von Adolphus Green. Dieses neue Unternehmen vereinte etwa 40 Bäckereien im Mittleren Westen in der Hoffnung, die Produktqualität zu verbessern.

William Moore (1848 – 1923) war ein Jurist und Finanzier. Moore erwarb 1889 die Pearson & Sons Bakery, die Josiah Bent Bakery und sechs weitere Bäckereien, um die New York Biscuit Company zu gründen. Die New York Biscuit Company fusionierte 1898 mit einer Gruppe von Bäckereien, die von Adolphus Greene kontrolliert wurden.

So wurde aus der American Biscuit & Manufacturing Company und der New York Biscuit Company die National Biscuit Company. Eine beeindruckende Sammlung von 114 Bäckereien mit Adolphus Green als Präsident dieser neuen Gesellschaft.

Neues Produkt und neue Verpackung

Adolphus Green suchte nach einer großen Idee für das fusionierte Unternehmen, um Aufmerksamkeit beim Konsumenten zu schaffen. Die Gelegenheit ergab sich, als ein Cracker in neuer Form entwickelt wurde, der leichter und flockiger war als alles andere, was zu dieser Zeit hergestellt wurde. Green überlegte viele Namen für das Produkt und entschied sich für Uneeda-Keks.

Damit die Qualität und Frische beim Kunden ankommt wurde gleich eine neue Verpackung entwickelt, mit einem ausgeklügelten System aus ineinander gefalteten Schichten aus Wachspapier und Pappe. Die bahnbrechende Innovation trug dazu bei, dass die Lebensmittelindustrie von Großbehältern und Fässern zu praktischen Verpackungen für die Selbstbedienung überging.

Der Name Nabisco wird erstmals 1901 mit der Einführung von Nabisco-Zuckerwaffeln verwendet. Während des Ersten Weltkriegs produziert die National Biscuit Company 800.000 Brotrationen pro Tag, um die Soldaten zu ernähren. Das Wort „Uneeda“ ist zu einem der bekanntesten Markennamen des Landes geworden.

Ein Doppelkeks erobert die Welt 

Der Oreo-Keks kam 1912 auf den amerikanischen Markt. Der Klassiker besteht aus zwei dunkel gebräunten Keksteilen mit Kakao, welche durch eine weiße Füllung zusammengehalten werden. Ursprünglich hatte der Oreo-Keks eine einfache Vanillecreme-Füllung, aber im Laufe der Jahre wurden viele neue Geschmacksrichtungen eingeführt, wie zum Beispiel Schokolade, Zitrone, Erdnussbutter und viele mehr. Oreo ist heute eine der bekanntesten Keks-Marken der Welt.

Vor 100 Jahren: Der Snack to Go

Im Jahr 1924 führte NBC das Peanut Sandwich Packet ein, ein Snack in einer versiegelten Packung, der aus zwei Cracker-Scheiben mit einer Schicht Erdnussbutter dazwischen bestand. Die Packung ermöglichte es den Kunden, den Snack unterwegs zu genießen, ohne dass sie befürchten mussten, dass er zerbröckelt oder verdirbt. Es war eine der ersten Snackverpackungen, die speziell für unterwegs entwickelt wurde und eine Vorläuferin der modernen Snackverpackungen.

Schon bald fügte man das Sorbetto Sandwich Packet hinzu. Es bestand aus zwei runden Crackern mit einer Schicht cremiger Füllung dazwischen. Diese Produkte ermöglichten es den kleinen Händlern, an Sodabrunnen, Straßenstände, Milchbars, Kantinen und Zeitungskioske verpackte Snacks zu verkaufen.

Knusprig, herzhaft und süß, perfekt zum Snacken

Die Shredded Wheat Company, der Hersteller von Triscuit-Crackern und Shredded Wheat Cereal, wird 1928 übernommen. Triscuit-Cracker bestehen aus gebackenem Vollkornweizen, Salz und Pflanzenöl. Die Marke wurde erstmals im Jahr 1900 eingeführt und erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Triscuit-Cracker gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen wie Original, Meersalz, Pfeffer, Knoblauch und Kräutern sowie in Varianten mit zusätzlichen Zutaten wie Käse oder Tomaten.

Ebenfalls 1928 werden die Keksaktivitäten in Kanada, durch die Übernahme von Christie, Brown & Company, ausgeweitet. Die Kanadier waren bekannt für ihre hochwertigen Kekse, insbesondere für ihre Premium-Kekse, die aus den besten Zutaten hergestellt wurden. Die Firma hatte Niederlassungen in Montreal und Toronto und belieferte den kanadischen Markt mit einer Vielzahl von Produkten.

Vor dem Krieg und nach dem Krieg

Die National Biscuit Company nimmt 1941 Nabisco als Familiennamen an, um das Unternehmen und alle seine Produkte zu identifizieren, obwohl sich der tatsächliche Firmenname für weitere 30 Jahre nicht ändert. Zu dieser Zeit backt das Unternehmen über 500 Sorten Kekse, Cracker, Brot und Obstkuchen.Während des Zweiten Weltkriegs leidet das Unternehmen unter extremen Mangel an Weizen, Mehl und Backfett. Die Rohstoffe werden bis an die Grenzen ausgereizt, um die Produktion am Laufen zu halten.

George Coppers, Präsident des Unternehmens, beginnt 1945 ein 12-jähriges Modernisierungsprogramm. Seine Philosophie lautet: „Man muss Geld ausgeben, um Geld zu verdienen.“ Zu seinen Erfolgen gehören die Einführung von Sozialleistungen, die Modernisierung vieler Bäckereien und der Neubau der modernen Bäckerei Fair Lawn in New Jersey.

Nach dem Krieg wurden neue Märkte in Südamerika, in Afrika und am Persischen Golf erschlossen. Bis zum Ende der 1950er Jahre werden Nabisco-Produkte in 82 Ländern außerhalb der USA verkauft. 1966 gründet man eine Food-Service-Division, der Fokus liegt auf dem Markt „Away-From-Home“ mit Hotels, Restaurants, Krankenhäusern, Schulen und Verkaufsautomaten.

Mittlerweile gibt es Tochtergesellschaften, die in 12 weiteren Ländern auf der ganzen Welt tätig sind. Über 20 % des Unternehmens befinden sich außerhalb der USA und etwa 30 % der rund 36.000 Mitarbeiter sind im Ausland tätig. Nabisco-Produkte werden in über 100 Ländern verkauft und Produkte, die mit Weizenmehl hergestellt werden, sind mit Vitamin B1, B2, Niacin und Eisen angereichert.

Durch einen Joint-Venture gelingt 1970 der einstieg in den japanischen Keks-, Schokoladen- und Süßwarenmarkt. Die National Biscuit Company ändert ihren Namen im April 1971 offiziell in Nabisco, wobei sie den Namen Nabisco seit vielen Jahren informell verwendet.

Fusion von Nabisco und Standard Brands

Standard Brands wurde 1929 durch den Zusammenschluss von fünf führenden Unternehmen der Lebensmittelindustrie gegründet. In den 1940er Jahren hatte Standard Brands (nach General Foods) eine führende Position im Bereich der verpackten Lebensmittel. Der Konzern aus Connecticut produzierte unter anderem Backpulver, Cornflakes, Kaffee und Margarine.

Die Fusion von Nabisco und Standard Brands im Jahr 1981 war bis dahin eine der größten Fusionen in der Geschichte der Lebensmittelindustrie. Im Juli werden die neuen Aktien von Nabisco Brands an der New Yorker Börse gehandelt. Die beiden Unternehmen schlossen sich aufgrund veränderter Marktbedingungen und der Konsolidierung in der Lebensmittelindustrie zusammen. Die Produktionslinien und internationalen Aktivitäten ergänzten sich sinnvoll:

Standard Brands war in Großbritannien, Lateinamerika, Holland und Südeuropa gut etabliert, während Nabisco in Japan, Italien, Frankreich, Australien und Neuseeland stark vertreten war. Das neue Unternehmen würde gemeinsam in 100 Ländern Produkte wie Nabisco’s Premium Saltines, Ritz Crackers, Oreo Cookies und Nabisco Shredded Wheat sowie Planters Nuts von Standard Brands, Fleischmann’s Margarine und Baby Ruth und Butterfinger Schokoriegel vermarkten.

Die Überreste des British Empire

Im Jahr 1982 erwarb Nabisco Brands den Mitbewerber Huntley & Palmer Foods, den führenden Hersteller von Keksen und Crackern im Vereinigten Königreich. Der Keksproduzent hatte Niederlassungen in Kanada, Frankreich, Deutschland, Irland, Indien und dem Fernen Osten. Teil dieser Akquisition war auch die Marke Peak Freans aus London. Huntley & Palmers wurde im Jahr 1822 in der Grafschaft Berkshire gegründet und entwickelte sich in den nächsten 150 Jahren zu einer der bekanntesten Keksfabriken weltweit.

Mit der Expansion des globalen Handels und des Reisens während der industriellen Revolution wuchs Huntley & Palmer im Gleichschritt mit dem britischen Empire. Nicht nur die Produkte waren von höchster Qualität auch die kunstvoll gestalteten Keksdosen hatten Kult-Status. Allerdings begann das traditionsreiche Unternehmen in den 1950er Jahren  zu kämpfen, als sich der Geschmack der Verbraucher veränderte und immer mehr Konkurrenz auf den Markt drängte. In den 1980er Jahren wurden viele der britischen Keksfabriken geschlossen, darunter auch die von Huntley & Palmers im Jahre 1989.

Die teuerste Übernahmeschlacht in der US-Wirtschaft

Der Tabakkonzern R. J. Reynolds aus North Carolina übernimmt 1985 Nabisco für 4,9 Milliarden US-Dollar und formt damit das größte Konsumgüterunternehmen in den Vereinigten Staaten. Nabisco Brands wird eine operative Einheit von R.J. Reynolds Industries. Im Jahr darauf wird die Firma in R.J.R. Nabisco umbenannt.

Ein Joint-Venture ermöglicht den Bau einer modernen Bäckerei in Peking. Die Bäckerei wird 1987 fertiggestellt und R.J.R.Nabisco ist das erste große internationale Keksunternehmen in China. Die Biscuit-Abteilung von Nabisco Brands erreicht im Dezember 1987 einen neuen Meilenstein, als der Umsatz mit Keksen, Crackern und Snacks  die Grenze von 2 Milliarden US-Dollar Jahresumsatz knackt. Im Juni 1988 beginnt die Yili-Nabisco Biscuit and Food Company in Peking mit der Produktion von Keksen der Marken Ritz, Premium, Escort und Maria für den Inlands- und Exportmarkt.

Zwischen Oktober und November 1988 kam es zu der bisher teuersten Übernahmeschlacht in der Geschichte der US-Wirtschaft durch vier Investorengruppen. Ziel war die feindliche Übernahme von R.J.R. Nabisco. Am Ende konnte sich Kohlberg Kravis Roberts & Co. (KKR) durchsetzen: Mit einem Preis von rund 26 Milliarden US-Dollar (109 US-Dollar pro Aktie) war es der größte Leveraged Buyout aller Zeiten.

Eine Welle der Deinvestitionen 

KKR erwarb die Aktien von R.J.R. Nabisco mit Hilfe von Fremdkapital in zwei Etappen: 75 % am 9. Februar 1989 und 25 % am 28. April 1989. Um die Schulden zu reduzieren, verkaufte R.J.R. Nabisco weltweit Vermögenswerte im Wert von 5 Milliarden US-Dollar. Zum Beispiel ging 1990 Curtiss Candy (Baby Ruth und Butteringer) an Nestlé oder das europäische Keksgeschäft (mit der Marke LU) an Danone. Das Geschäft mit Frühstückscerealien (Shredded Wheat-Franchise) ging 1994 an Kraft Food und die internationalen Lizenzen an General Mills, das später Teil des Joint Ventures Cereal Partners Worldwide mit Nestlé wurde.

Der Börsengang von 1995 der Nabisco Holding (19,5 % der Stammaktien) sammelt über eine Milliarde US-Dollar ein, um Bankschulden zu reduzieren. Das Lebensmittelgeschäft liegt bei der hundertprozentigen Tochtergesellschaft Nabisco, das derzeit aus sechs operativen Unternehmen besteht: Nabisco Biscuit Company, Specialty Products Company, Planters Company, LifeSavers Company, Food Service Company, Fleischmann’s Company – sowie Nabisco Brands (Kanada) und Nabisco International.

Die Nabisco Holding erwirbt im Oktober 1995 die Vermögenswerte des amerikanischen und kanadischen Margarinegeschäfts von Kraft Foods, einschließlich der Marken Parkay, Chiffon und Touch of Butter.

Konzentration auf die Kernmarken

1996 leitet Nabisco einen Konzernumbau ein, um sich auf seine Kernmarken zu fokussieren. Die Belegschaft wird neu strukturiert und Arbeitsplätze werden abgebaut. Der Vertrieb wird nicht mehr in geographischen Gebieten, sondern in Kundenteams organisiert. Margenschwache Keksprodukte werden eingestellt. Die neue Struktur hat drei operative Einheiten: Nabisco Biscuit Company, U.S. Foods Group und Nabisco International.

Brasilien is 1998 – mit 15 Produktionsstätten – der größte Markt für Nabusco International. In der Kategorie Kekse ist Nabisco International Marktführer in Spanien, Argentinien, Venezuela, Puerto Rico, Nicaragua, Uruguay, Taiwan und Peking, China. ConAgra, eine Konsumgüter-Holding aus Chicago, erwirbt 1998 das Geschäft mit Brotaufstrichen. Der Deal betrifft die Marken Fleischmann’s, Blue Bonnet, Parkay, Chiffon und Touch of Butter.

Im November 1999 erwirbt die Nabisco Holding die Vermögenswerte von Favorite Brands International: Der Deal umfasst Farley’s & Sathers Candy, Trolli und die ehemaligen Kraft-Karamell- und Marshmallow-Geschäfte. Neben dem Kaufpreis von 475 Mio. US-Dollar übernimmt man Schulden in Höhe von 600 Mio. US-Dollar.

Das Ende der Nabisco-Geschichte

Im Dezember des Jahres 2000 erwarb Philip Morris die Nabisco Holding, sowie Nabisco, inklusive ihrer Tochtergesellschaften für den Preis von 14,9 Milliarden US-Dollar. Zur gleichen Zeit trennt sich Nabisco vom  Geschäft mit Backpulver und Trockendesserts. Im Januar 2001 wird das gesamte Nabisco-Geschäft mit Kraft-Food, der Tochtergesellschaft von Philip Morris fusioniert.

Seit 2012 ist Nabisco Teil von Modelez International

 

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