Waffenschmiede Südkorea

Es ist eine erschütternde Realität unserer Zeit: Die Nachfrage nach Waffen und Rüstungsgütern hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Zum einen tobt seit fast einem Jahr der Krieg in der Ukraine und zum anderen droht die Möglichkeit, dass China Taiwan jederzeit besetzen könnte. Der nordkoreanische Diktator schießt unkontrolliert Raketen ab und bedroht damit seine Nachbarn. Der Iran könnte jederzeit einen Krieg entfesseln, um seine inneren Probleme zu überspielen. Die gesamte Golfregion ist ein tödliches Pulverfass.

Die Liste der Konfliktherde ist lang und wird nicht kürzer. Spätestens seit dem Angriff der Russen auf die Ukraine will sich jedes Land der Welt vor einem Angriff schützen und im Ernstfall wehren können. Aus diesem Grund laufen überall auf der Welt die Rüstungsschmieden hoch.

Die ganze Welt muss aufrüsten

Deutschland und Polen, aber auch Australien und vor allem Japan haben eine starke Ausweitung ihrer Militärausgaben angekündigt und wollen derzeit kräftig aufrüsten. Damit aber so viele westliche Länder gleichzeitig aufrüsten können, braucht es nicht nur viel Geld, es braucht auch industrielle Kapazitäten und technologisches Wissen um die Ausrüstung rechtzeitig herstellen und liefern zu können. Was so offensichtlich erscheint ist ein Problem: Die ganze Welt will jetzt in kurzer Zeit Waffen haben.

Die größte Waffenschmiede der Welt

Ein Blick in die USA zeigt das Dilemma. Mit großem Abstand zur Konkurrenz sind Waffen aus den USA nach wie vor die erste Wahl. Das Problem, die Rüstungskapazität der USA sind nicht unbegrenzt und es braucht viel Zeit und Geld, um die Produktion an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Aktuell versorgt die USA die Ukraine mit Waffen, die tatsächlich auch verbraucht werden. Aus diesem Grund stehen andere Kunden auf der Warteliste. Ein weiteres Problem, Rüstungsgüter aus amerikanischer Produktion sind zwar die erste Wahl, aber sie sind auch teuer, nicht nur in der Anschaffung, sondern auch im Unterhalt.

Diese beiden Faktoren treiben andere Länder dazu, nach einer Alternative zu suchen. Explizit nach technologisch fortschriftlichen Alternativen: Wer will schon die Sicherheit seines Landes wegen minderwertigen Materials aufs Spiel setzen? Viele Regierungen, die zuvor aus Russenland Waffen einkauft haben, kommen schwer ins Grübeln, angesichts dessen, was sie auf dem Schlachtfeld in der Ukraine zu sehen bekommen.

Retter in der Not – Südkorea

Viele Möglichkeiten gibt es da nicht mehr, und die Schlagzeilen lauten: Philippinen erhalten Waffen und Ausrüstung aus Südkorea. Ägypten wird zum neuen Markt für koreanische Waffenexporte. Polen und Südkorea unterzeichnen milliardenschweren Waffenvertrag. Hinzu kommen Aufträge aus Norwegen, Finnland, Estland, Australien und der Türkei. Immer mehr Länder richten ihr Augenmerk auf südkoreanische Waffen. Sogar die USA selbst ordern Munition aus Südkorea für den Krieg in der Ukraine. Die südkoreanische Rüstungsindustrie erlebt gerade einen gewaltigen Boom.

Südkorea ist auf dem besten Weg, die Nr. 4 der weltweiten Rüstungsexporteure zu werden. Im Jahr 2021 lag das Land noch auf dem 9. Platz der weltweiten Rüstungsexporte. Mit den diesjährigen Exporten würde Südkorea auf den vierten Platz vorrücken, hinter den klassischen Rüstungsanbietern USA, Russland und Frankreich. Südkorea hat 2022 Rüstungsverträge im Wert von 20 Milliarden US-Dollar abgeschlossen.

Man könnte meinen, das ist eine Reaktion auf dem Krieg in der Ukraine. Aber dem ist nicht so. Die Waffenexporte sind schon in den Jahren zuvor massiv angewachsen. Das beweisen die Daten von SIPRI (Stockholm International Peace Research Institute), dem schwedischen Friedensforschungsinstitut.

Aber wieso Südkorea?

Hintergrund ist der freundliche Nachbar im Norden. Der zwingt Südkorea seit Jahrzehnten dazu ein wehrhaftes Militär zu unterhalten und als Grundlage dafür eine strake Rüstungsindustrie. Schon seit langem fließen hohe Milliarden-Summen in Forschung und Entwicklung und natürlich in eine entsprechende Produktion. Was macht Korea so besonders, das sogar NATO-Staaten im großen Stil einkaufen?

Ein Musterbeispiel ist der aktuelle Deal mit Polen. Warschau hat 2022 Aufträge über 14,7 Milliarden US-Dollar an die südkoreanische Rüstungswirtschaft vergeben. Und das ist erst der Anfang, in den kommenden Jahren geht das in ähnlichen Größenordnungen so weiter. Insgesamt wird Polen 1000 Black-Panther-Kampfpanzer, 48 Kampfflugzeuge, 700 Thunder- Panzerhaubitzen und 288 Chunmoo-Raketenwerfer von Südkorea kaufen.

Ein Teil liefert Südkorea zeitnah und ermöglichte Polen so, ältere Waffen an die Ukraine abzutreten. Ein Großteil der Bestellungen wird lizensiert in Polen gefertigt. Kurze Lieferzeiten, und die Vergabe von Lizenzen sind nur zwei der Erfolgsfaktoren für die südkoreanische Rüstungsindustrie. Am Ende geht es um den Preis. Die Deutsche Panzerhaubitze 2000 kostet etwa 10 Mio. EUR pro Stück, das gleiche Gerät aus Südkorea weniger als die Hälfte. Damit keine Missverständnisse aufkommen: Die südkoreanische Technik befindet sich auf Augenhöhe mit westlichen Waffensystemen.

Der militärische Komplex

Als in den 1970-Jahren der Abzug amerikanischen Soldaten aus Südkorea begann, legte das Land den Grundstein für seinen gewaltigen wirtschaftlichen Aufstieg. Mit Milliarden-Investitionen wurden Stahlerzeugung, Maschinenbau, Fahrzeugbau, Schiffsbau und Mikroelektronik hochgezogen. Der militärische Komplex war Antrieb für den heutigen Erfolg der koreanischen Wirtschaft. Das Land hat keinen Mangel an Bauteilen oder Probleme mit Lieferketten, es fertigt weitgehend selbst, insbesondere die essentiellen Halbleiter. Aus diesem Grund kann Südkorea Skaleneffekte ausspielen und den Weltmarkt mit Waffen bedienen.

Ein südkoreanischer General sagte: Polen brauchte Waffen, um sich zu verteidigen, und genau das liefern wir. Wir Koreaner wissen, dass ohne Waffen zur Verteidigung das Endergebnis eine Tragödie ist.

Schlussendlich müssen wir froh sein, das Südkorea ein Verbündeter der westlichen Gemeinschaft ist. Die Bundeswehr wurde nach dem Fall der Mauer abgerüstet und seither stiefmütterlich behandelt. Das gleiche Schicksal ereilte der Deutschen Rüstungswirtschaft. Der Überfall durch Putin auf die Ukraine liefert viele Stoff zum neu nachdenken.

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