American International Group

Ein Gigant der US-Versicherungsbranche

Die American International Group (AIG) mit Sitz in New York City ist ein beeindruckendes Beispiel für eine Mischung aus Innovation, Widerstandsfähigkeit und finanzieller Ausdauer. Mit über 26.000 Mitarbeitern weltweit und einem Jahresumsatz von über 56 Milliarden US-Dollar (Stand 2022) ist AIG ein unverzichtbarer Player im internationalen Versicherungsgeschäft. Doch sollte man als Anleger die Aktie von AIG kaufen, halten oder verkaufen? Eine eingehende Analyse kann diese Frage beantworten.

Die Entwicklung von AIG: Von den Anfängen bis heute

Wenn du heute einen Blick auf die beeindruckenden Hochhäuser der American International Group (AIG) wirfst, mag es schwer zu glauben sein, dass dieses weltweit tätige Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen seine bescheidenen Anfänge in den fernen Straßen Shanghais in China hatte. Ja, du hast richtig gelesen, Shanghai. Im Jahr 1919 wagte Cornelius Vander Starr, ein abenteuerlustiger Amerikaner, einen beispiellosen Schritt und gründete das, was wir heute als AIG kennen, im Herzen von China.

Vander Starr, der erste westliche Geschäftsmann, der den Chinesen Versicherungen verkaufte, konnte nicht ahnen, dass er das Fundament für einen globalen Giganten legte. AIG blühte in China auf und dehnte seine Aktivitäten bald nach Asien, Lateinamerika, Europa und den Nahen Osten aus. Im Jahr 1926 gründete Vander Starr die Versicherungsagentur American International Underwriters in New York, die erste US-Niederlassung von AIG.

Während der US-Markt sich als schwieriger erwies, machte der aufkommende Zweite Weltkrieg eine Umstrukturierung notwendig. AIG verlegte 1939 seine Hauptniederlassung nach New York, gerade rechtzeitig, um die aufkeimenden Geschäftsmöglichkeiten in Lateinamerika zu nutzen und die dortigen europäischen Versicherungen zu überflügeln.

Das Ende des Krieges bedeutete für AIG einen weiteren Aufschwung. Die Gesellschaft eröffnete 1946 neue Tochtergesellschaften in Deutschland, Japan, den Philippinen und Westeuropa. Gerade in diesen Gebieten waren lokale Versicherungen durch die Kriegsschäden geschwächt, was AIG die Möglichkeit gab, ihre Präsenz auszubauen.

Eine besondere Rolle spielte dabei der japanische Markt. Ursprünglich war die japanische Filiale von AIG auf Versicherungen für Angehörige der amerikanischen Besatzungsmacht beschränkt, doch ab 1951, als der japanische Versicherungsmarkt geöffnet wurde, konnte AIG auch Versicherungen an japanische Kunden verkaufen.

Nachdem Vander Starr 1962 das US-Geschäft an Maurice R. Greenberg übergeben hatte, begann AIG eine Reihe von Übernahmen, darunter die New Hampshire Insurance Company, die National Union Fire Insurance Company und ihre Tochtergesellschaft Lexington Insurance Company. 1967 wurde AIG zu einer Holdinggesellschaft umstrukturiert, und ihre Aktien werden seit 1969 an der Börse gehandelt.

Der Sturz der AIG und ihre Rolle in der Finanzkrise 2008

Werfen wir einen Blick in den Rückspiegel und erinnere uns an die turbulente Welt der späten 2000er Jahre. Es war eine Zeit, in der die gesamte Finanzwelt zitterte, als das, was wir heute als die „Subprime-Krise“ kennen, einen nach dem anderen Giganten zum Wanken brachte. Ein Name ragte jedoch in den Schlagzeilen heraus: die American International Group (AIG).

Den Anfang vom Ende begann im vierte Quartal 2007. AIG verzeichnete damals einen Rekordquartalsverlust von 5,3 Milliarden US-Dollar, hauptsächlich aufgrund von Abschreibungen in Höhe von 11 Milliarden US-Dollar auf ihr Kreditversicherungsportfolio. Und das war erst der Anfang.

Hauptgrund für die Verluste des Unternehmens waren ausfallende Hypothekenkredite von AIG-Kunden, die über die AIG per Credit Default Swaps rückversichert waren. Dies führte dazu, dass AIG am 14. September 2008 um einen Überbrückungskredit von rund 40 Milliarden Dollar bat, um eine Abstufung ihres Ratings zu verhindern.

Es waren dramatische Tage, die folgten. Am 16. September 2008 gewährte die Fed dem Konzern einen Kredit von 85 Milliarden US-Dollar und übernahm im Gegenzug 79,9 Prozent der Anteile. Für AIG kam es faktisch zu einer Notverstaatlichung. Im November 2008 unterstützte die US-Regierung AIG mit insgesamt rund 150 Milliarden Dollar, die größte finanzielle staatliche Unterstützung für ein privates Unternehmen in der Geschichte der Vereinigten Staaten.

Die Verluste von AIG nahmen weiter zu. Über die ersten drei Quartale 2008 wies das Unternehmen Verluste in Höhe von 37,6 Milliarden US-Dollar aus. Das letzte Quartal 2008 war jedoch das schlimmste – AIG verzeichnete den höchsten je von einem Unternehmen gemeldeten Verlust von 61,7 Milliarden US-Dollar.

Aufgrund des steigenden Abschreibungsbedarfs auf Privat- und Geschäftsimmobilien stellte die Fed weitere Kredite bereit, und AIG musste sich im Zuge einer Restrukturierung von einigen ihrer Tochtergesellschaften und Sparten trennen. 2009 bezeichnete das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ AIG als „Die gefährlichste Firma der Welt“ und veröffentlichte eine Titelgeschichte darüber, wie der amerikanische Versicherungskonzern die Banken ins Risiko und die Finanzwelt fast in den Kollaps trieb.

Sicherlich, AIG war nicht allein verantwortlich für die Finanzkrise. Die Ursachen der Finanzkrise lagen tiefer und waren keineswegs nur auf AIG zu beschränken. Aber der Fall der AIG dient als mahnendes Beispiel für die Risiken, die sich in komplexen Finanzprodukten verbergen können, und die potenzielle Zerstörungskraft, die sie entfalten können.

Produkte und Dienstleistungen: Kerngeschäft der AIG

AIG verdient sein Geld hauptsächlich durch Versicherungs- und Finanzdienstleistungen. Das Angebot reicht von Sach- und Haftpflichtversicherungen, Lebens- und Altersvorsorgeprodukten bis hin zu Finanzdienstleistungen. Dabei unterscheidet sich AIG von anderen Versicherungsunternehmen durch seinen starken Fokus auf Kundenorientierung und Risikomanagement.

AIG verfügt über ein breites Portfolio an Spezialversicherungen, darunter auch für Cyberrisiken, Fusionen und Übernahmen, Umweltrisiken und politische Risiken. Diese Diversifizierung und Anpassungsfähigkeit ist ein Alleinstellungsmerkmal von AIG und trägt maßgeblich zu seinem Erfolg bei.

Branche und Mitbewerber

Die Versicherungsbranche ist ein ständig wachsender Markt mit zunehmender globaler Reichweite. Das Wachstum wird vor allem von aufstrebenden Märkten wie Asien und Lateinamerika getrieben. Die größten Herausforderungen in der Branche sind regulatorische Veränderungen, Technologiewandel und erhöhte Risiken durch globale Krisen. Die engsten Mitbewerber von AIG sind Berkshire Hathaway, Prudential Financial und MetLife.

Unternehmenskultur und Führung

AIG zeichnet sich durch eine Kultur der Inklusion, des Respekts und der ethischen Verantwortung aus. Diese Werte spiegeln sich auch in der Führungsriege wider. Seit 2021 wird AIG von CEO Peter Zaffino geführt, der eine langjährige Erfahrung in der Versicherungsbranche vorweisen kann. Seine Strategie besteht darin, das Unternehmen durch gezielte Investitionen in Wachstumsbereiche und eine effiziente Kostenkontrolle zu stärken.

Das Geschäftsjahr 2022

In einem Markt, der mit herausfordernden externen Dynamiken konfrontiert war, war die Vollendung des Börsengangs (IPO) von Corebridge Financial – dem größten US-Börsengang im Jahr 2022 – ein Meilenstein. Die Errichtung einer eigenständigen Kapitalstruktur für Corebridge und gleichzeitige Entschuldung der AIG-Bilanz hat die Bilanzen beider Unternehmen gestärkt.

Doch die Fortschritte hörten nicht beim Börsengang auf. AIG gab über 6 Milliarden US-Dollar an die Aktionäre zurück, einschließlich 5,1 Milliarden US-Dollar an AIG-Stammaktienrückkäufen und 1,0 Milliarden US-Dollar an Dividenden. Corebridge zahlte seinerseits von IPO bis zum Jahresende rund 300 Millionen US-Dollar an Dividenden an seine Aktionäre aus.

Im Schadenversicherungsgeschäft hat AIG die stärkste versicherungstechnische Rentabilität erreicht, die das Unternehmen je verzeichnen konnte. Zugleich konnte AIG sein mehrjähriges Projekt „AIG 200“ vorantreiben, das darauf abzielt, Effizienz und digitale Effektivität zu verbessern.

Und das war noch nicht alles. AIG und Corebridge haben ihre Investment-Management-Strategien verändert und Partnerschaften mit Blackstone und BlackRock eingegangen. Hierbei nutzen sie das Investment-Know-how und die Technologieplattformen dieser Partner, um ihre Performance zu verbessern. Seit 2021 hat man die Verwaltung von Vermögenswerten in Höhe von rund 50 Milliarden US-Dollar bzw. 150 Milliarden US-Dollar an jeden dieser Partner übertragen.

Fazit des Autors

Trotz seiner turbulenten Geschichte ist AIG heute ein solider und verlässlicher Akteur in der Versicherungsbranche. Seine vielfältigen Produkte und Dienstleistungen, seine starke Präsenz in Wachstumsmärkten und seine robuste finanzielle Position machen es zu einem attraktiven Investment. Der Fokus auf nachhaltiges Wachstum und Risikomanagement könnte Anlegern langfristige Erträge bieten.

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