Hinter den Kulissen eines globalen Agrarriesen

In den Tiefen der Lebensmittelproduktion und Landwirtschaft operiert ein Unternehmen, dessen Einfluss auf die globale Versorgungskette oft unbemerkt bleibt. Cargill, ein Gigant mit weltweit 155.000 Mitarbeiter in 70 Ländern, präsentiert sich als globaler Partner in der Nahrungsindustrie. Cargill ist kein börsennotiertes Unternehmen, dennoch lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen.

Von einem Getreidegeschäft in Iowa zum globalen Agrarriesen

Im Jahr 1865 legte William Wallace Cargill den Grundstein für eine der beeindruckendsten Erfolgsgeschichten in der Welt der Agrarindustrie. Mit einem mutigen Schritt betrat er das Getreidegeschäft in Conover, Iowa, und ebnete den Weg für das Unternehmen, das bald als Cargill bekannt werden sollte.

Zehn Jahre später verlagerte sich das Zentrum der Aktivitäten nach La Crosse, Wisconsin, wo William, James und Sam Cargill 1888 die Firma Cargill Brothers gründeten. Dieser Meilenstein war der Beginn einer Entwicklung, die das Gesicht der Agrarindustrie für immer verändern sollte. Im Jahr 1890 wurde die Cargill Elevator Company ins Leben gerufen.

Die Kontrolle über das Unternehmen übernahm 1909 John Hugh MacMillan, der Schwiegersohn von William Cargill. MacMillan führte das Unternehmen durch verschiedene Herausforderungen und setzte auf Expansion. Im Jahr 1922 eröffnete das Unternehmen ein Büro in New York City, und 1936 erfolgte die Fusion mehrerer Cargill-Firmen, darunter die Cargill Elevator, zu dem, was wir heute als Cargill, Incorporated, kennen.

Während des Zweiten Weltkriegs steigt Cargill in das Geschäft mit der Verarbeitung von Sojabohnen ein. Zwei Jahre später wurde durch die Übernahme von Nutrena Feeds die Kapazität des Unternehmens bei der Herstellung von Geflügel- und Tierfutter verdoppelt. Der Wiederaufbau nach dem Krieg markierte eine weitere Phase des Wachstums für Cargill.

In den 1950er Jahren wurde mit der Gründung von Tradax, einer Schweizer Tochtergesellschaft, der Grundstein für den europäischen Handel gelegt. Das Unternehmen wagte sich auch in neue Bereiche, indem es 1967 eine Nassmaismühle in Cedar Rapids, Iowa, erwarb, gefolgt von einem Eintritt in das Mühlengeschäft im Jahr 1972.

Die 1970er Jahre waren von einer beeindruckenden Expansionsphase geprägt. In dieser Zeit erwarb Cargill die Putenverarbeitung von Ralston Purina, Caprock Industries (Betreiber von Rinderfutterplätzen) und die North Star Steel Company. In den Folgejahren wurden  die Unternehmen Hohenberg Bros. Company, ein Baumwollhändler, und die MBPXL Corporation, ein Rindfleischverarbeiter, übernommen. Diese Wachstumsstrategie erreichte 1981 mit der Übernahme von Ralli Bros. und Coney, einem internationalen Rohstoffhändler mit Sitz in Großbritannien, ihren Höhepunkt. 1982 änderte MBPXL seinen Namen in Excel Corporation.

Die 1990er Jahre brachten Veränderungen mit sich, darunter eine umfassende Reorganisation der nordamerikanischen Aktivitäten. Die Umsetzung des Mitarbeiterbeteiligungsplans 1992 ermöglicht es einigen Familienmitgliedern, ihre Eigentumsanteile einzulösen. Im Jahr 1997 erwarb Cargill das Salzgeschäft von Akzo Nobel und verkaufte ein Jahr später das internationale Saatgutgeschäft außerhalb Nordamerikas für 1,4 Milliarden US-Dollar an Monsanto. 1999 erweiterte das Unternehmen seine Präsenz durch den Erwerb der weltweiten Getreidelager-, Transport-, Export- und Handelsaktivitäten der Continental Grain Company.

Das neue Jahrtausend brachte ebenfalls bedeutende Entwicklungen für Cargill. Im Jahr 2000 wurden Pläne zur Übernahme von Agribrands International, einem großen Tierfutterhersteller, bekannt gegeben. Die Investitionen in die Zukunft setzten sich fort, als Cargill 2017 in Memphis Meats investierte und 2019 ankündigte, auch in Aleph Farms zu investieren, beide Unternehmen sind Pioniere in der Entwicklung von Laborfleisch.

Ein US-Agrariese mit globaler Präsenz

Im Geschäftsjahr 2021 zementierte Cargill seine Stellung als einer der Giganten der Agrarindustrie, indem das Unternehmen einenmUmsatz von 134,4 Milliarden US-Dollar verzeichnete. Mit einer globalen Belegschaft von 155.000 Mitarbeitern, die in 70 Ländern tätig sind, hat sich Cargill zu einem bedeutenden Akteur entwickelt, der in verschiedenen Sektoren der Agrarwirtschaft eine zentrale Rolle spielt. Die entscheidende Rolle von Cargill im Bereich der US-Agrarexporte wird durch beeindruckende Fakten unterstrichen:

Das Unternehmen tätigt stolze 25 Prozent aller US-Getreideexporte. Auch im Fleischsektor übt Cargill erheblichen Einfluss aus, indem es merh als ein Fünftel des US-Fleischmarkts beliefert. Hierbei präsentiert sich das Unternehmen als maßgeblicher Akteur, der die gesamte Versorgungskette von der Produktion bis zur Vermarktung abdeckt. Auf globaler Ebene ist Cargill als der größte Geflügelproduzent in Thailand positioniert. Die internationale Bedeutung von Cargill manifestiert sich weiterhin in seiner herausragenden Rolle als der bedeutendste Exporteur aus Argentinien.

Die globale Dominanz von Cargill manifestiert sich auch in statistischen Zahlen. Nach Jean Ziegler, dem UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, kontrollierte die Cargill-Gruppe im Jahr 2012 beeindruckende 29,8 Prozent des weltweit gehandelten Getreides.

Eine Anekdote, die die Allgegenwärtigkeit von Cargill verdeutlicht, ist die Tatsache, dass alle Eier, die in McDonald’s-Restaurants in den Vereinigten Staaten verwendet werden, aus Cargill-Farmen stammen. Dieser Grad der Integration in die Lieferketten großer Lebensmittelketten illustriert die Schlüsselrolle, die Cargill in der Lebensmittelversorgung spielt.

Strategie für die Zukunft

Cargill hat seine Unternehmensstrategie auf eine langfristige Vision ausgerichtet – weg vom einfachen Handel und der Verarbeitung von Produkten hin zu profitableren immateriellen Aktivitäten. Diese Transformation spiegelt den Wandel in den globalen Ernährungstrends wider, bei dem der Fokus zunehmend auf hochverarbeiteten Getreideprodukten liegt.

Die Akquisition der Cerestar im Jahr 2002 war ein Meilenstein für Cargill, der die Position des Unternehmens im Geschäftsfeld der stark verarbeiteten Getreideprodukte stärkte. Diese strategische Entscheidung ermöglichte es Cargill, sich in einem wachsenden Markt zu positionieren und von einem breiteren Spektrum an Wertschöpfungsmöglichkeiten zu profitieren.

Eine der zentralen Säulen dieser neuen Ausrichtung besteht darin, dass Cargill nicht mehr nur ein Lieferant von Rohstoffen ist, sondern sich als Berater positioniert. Das Unternehmen strebt danach, seinen Kunden wertvolle Einblicke in die gesamte Produktionskette der Ernährung zu bieten, um gemeinsam Profite zu maximieren.

Darüber hinaus hat sich Cargill in Bereiche vorgewagt, die über die traditionelle Lebensmittelproduktion hinausgehen. Die Herstellung von Ethanol als Kraftstoff aus Getreide und die Gewinnung von Citronensäure aus denselben Rohstoffen sind Beispiele für die Diversifizierung von Cargill in neue Geschäftsfelder.

Fazit des Autors

Ein Merkmal von Cargill ist trotz seiner Größe und globalen Präsenz seine Identität als Familienunternehmen. Etwa 85 Prozent des Unternehmens gehören den Nachkommen der Gründerfamilien Cargill und MacMillan. Diese Familienkontrolle ermöglicht es Cargill, sein Wachstum durch die Reinvestition von Gewinnen zu finanzieren, ohne auf externe Finanzmärkte angewiesen zu sein.

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