Depot-Kosmetik zum Jahresende

Der größte Feind deines Wertpapierdepots ist das Finanzamt. Schließlich investierst du deine Sparraten aus zuvor versteuertem Einkommen. Leider wirst du für realisierte Gewinne an der Börse erneut mit 25 % Kapitalertragssteuer plus Solidaritätszuschlag zur Kasse gebeten. Das ergibt zusammen eine Steuerquote von 26,375 % – anders ausgedrückt, von 1.000 EUR Gewinn bekommt das Finanzamt 263,75 EUR an Steuern.

Wohl gibt es einen Freibetrag auf Kapitalerträge von jährlich 1.000 EUR, aber clevere Anleger haben diesen Steuerfreibetrag sehr schnell ausgeschöpft.

Gewinne und Verluste im Depot werden in Deutschland erst dann steuerwirksam, wenn ein Gewinn oder ein Verlust auch realisiert wird. Sprich, das Wertpapier wird verkauft. Bei einem Gewinn zieht dir deine Depotbank die Steuern automatisch ab und überweist diese an das Finanzamt. Verluste werden mit Gewinnen verrechnet und verbleiben im Verrechnungstopf, sofern die Verluste höher ausfallen als die Gewinne.

Steuertipp

Falls deine realisierten Verluste im Kalenderjahr höher ausfallen als deine realisierten Gewinne, kannst du den Verlust ins nächste Kalenderjahr vortragen. Das geht nicht automatisch; du musst das in deiner Steuererklärung beantragen.

Diesen Verlustvortrag kannst du mit künftigen Gewinnen aus Wertpapiergeschäften verrechnen. Du kannst jedoch keine regulären Einkünfte mit dem Verlustvortrag aus Wertpapiergeschäften verrechnen.

Die Börse hat unendlich viel mit Psychologie zu tun. Ein psychologischer Vorteil ergibt sich daraus, dass du eine hohe Verlustposition nicht mehr länger beim Dahinsiechen zusehen musst. Nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn. Also, liebe Freunde, aufstehen, Krönchen zurechtrücken und weitermachen.

Kosmetik für das Depot

Als langfristig orientierter Anleger gehe ich persönlich etwas anders vor. Der Steuerfreibetrag ist sehr schnell durch Dividendenzahlungen aufgebraucht. Bis zum Wintereinbruch hat mir die Depotbank viele Tausend Euro an Steuern abgezogen und ans Finanzamt abgeführt.

Nun ist es in der Regel so, dass jeder Anleger die eine oder andere Niete im Depot hat, Aktien, die 30, 50 oder mehr Prozent im Minus stehen. Hier bietet sich ein kleiner Gestaltungsspielraum an, eine Depot-Kosmetik, wie sie auch professionelle Fondmanager zum Jahresende betreiben.

Aus dem Frosch eine Prinzessin machen

Im Mai 2021 bin ich bei Exasol eingestiegen, zum Kurs von rund 19,00 Euro pro Aktie. Nach und nach habe ich aufgestockt und den durchschnittlichen Kaufkurs auf 3,87 Euro gedrückt. Trotzdem bin ich aktuell immer noch mit 30 Prozent im Minus. Andere würden sagen, der Depp hat fortlaufend ins fallende Messer gegriffen.

Wie auch immer. Weiter zu günstigeren Kursen aufstocken ist erstmal nicht drin, die Position wäre dann zu groß, und Exasol kommt bisher kaum aus dem Quark. Also verkaufe ich die ganze Position und realisiere den ordentlichen Verlust. Die Depotbank, bzw. das Finanzamt erstatten mir daraufhin 26,375 % Steuern von meinem Verlust. Cash zurück in die Kasse, ich meine aufs Bankkonto.

Am gleichen Tag kaufe ich die gleiche Anzahl an Aktien zurück. Der Kaufkurs ist exakt der Verkaufskurs vom Vormittag. Sozusagen ein Plus-Minus-Null-Geschäft. Nicht ganz; ich habe zwar die gleiche Anzahl an Aktien wie zuvor, aber auch die Rückerstattung vom Finanzamt. Kleiner Fakt am Rande, die Position steht nicht mehr mit 30 % im Minus, sondern startet bei null.

Ob sich das gelohnt hat, wird sich noch zeigen; Exasol ist eine Wette. Diese Kosmetik funktioniert bei allen Aktien, die im Minus stehen. Die Position verkaufen, den Verlust realisieren, die Steuererstattung mitnehmen und die Position in gleicher Größe und zum gleichen Preis zurückkaufen. Das muss nicht am gleichen Tag sein, sondern wie es die Kurse hergeben. Bei manchen Positionen konnte ich, mit etwas Geduld, sogar günstiger zurückkaufen.

Fazit des Autors

Am Ende ist das mit der Steuer ein Nullsummenspiel, eine Verlagerung. Die Börse hat viel mit Psychologie zu tun. Habe ich das schon erwähnt? Eine Position tief unter Wasser nervt, vor allem dann, wenn es Unternehmen sind, an die man als Anleger langfristig glaubt. So hat die Aktie eine Chance auf einen Neustart. Klar, zieht Exasol jetzt um 30 % an, müsste ich den Gewinn versteuern. Aber auch nur dann, wenn ich den Gewinn durch einen Verkauf realisieren würde. Ich kann die Position auch noch fünf Jahre stehen lassen.

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