Singapur im Zentrum der Welt

Was mir an Google Earth so gut gefällt?

Ich verdrehe leidenschaftlich gerne die Weltkugel. Die Perspektive. Dreht man Singapur ins Zentrum, wird es spannend: Links außen Indien, rechts außen Australien. Weiter oben das klassische Südostasien mit China, ganz oben Japan. Gleich nebenan Malaysia und Indonesien.

Von Europa und Amerika keine Spur.
Alles ist relativ.

In der Europäischen Union leben rund 500 Millionen Menschen.
Ein Verbund aus 27 souveränen Staaten.

Alleine in Indonesien leben annähernd 240 Millionen Menschen. Ein Staatenbund aus über 17.000 Inseln. Freilich, nur 6.044 Inseln sind tatsächlich bewohnt. Dagegen wirkt Malaysia von den Dimensionen her irgendwie normal: Flächenmäßig so groß wie Deutschland ohne Brandenburg. Rund 28 Millionen Menschen leben in Malaysia, davon 2 Millionen in der Hauptstadt Kuala Lumpur.

Was für eine bescheidene Hausnummer im Vergleich zu anderen Metropolen in Südostasien. Ich meine: Bangkok 7 Millionen, Hongkong 7 Millionen, Jakarta 9 Millionen, Saigon 7 Millionen oder Singapur 5 Millionen Einwohner.

Singapur im Rückblick

Im Absatz zuvor schrieb ich den Satz „von Europa … keine Spur“ und meinte das im Sinne einer Betrachtung über Google Earth. Selbstverständlich hat jedes Land in Südostasien seine eigene Kultur, seine Geschichte und seine Politik. Allerdings, hier hat Europa in der Vergangenheit kräftig mitgemischt. Aus singapurischer Sicht sind das vor allem die Briten, kaum weniger die Niederländer und die Franzosen.

Um 1818 war die Insel Singapur nichts weiter als ein Nest, bevölkert von kaum mehr als 150 Menschen: Ein paar malaysische Fischer und Seeräuber fanden an diesen Ort Auskommen und Unterschlupf. Im Januar 1819 landeten die ersten Schiffe der East India Company, unter Thomas Stamford Raffles, die Insel Singapur. Ziel der Expedition war es, eine neue Niederlassung für England zu gründen. Die East India Company besaß das Monopol des Handels in den britischen Kolonien Südostasiens.

Thomas Stamford Raffles blieb nur kurz auf der Insel, traf allerdings wichtige Entscheidungen, die das Fundament für eine schnelle und positive Handelsentwicklung waren. Eine der wichtigsten Entscheidungen war wahrscheinlich die, Singapur zu einem freien Hafen ohne Handelssteuer zu erklären. Raffles erkannte als einer der Ersten die Perspektiven des Ortes als Handelsplatz.

Im Mai 1823 wurde Singapur schließlich zum offiziellen Außenposten der East India Company erkoren. John Crawfurd, ein schottischer Orientalist, erwarb im Auftrag der Company im August 1824 die gesamte Insel. Handelspartner war der Sultan von Johor, Hussein Shah. Der Sultan erhielt im Gegenzug 60.000 Dollar Einmalzahlung und eine jährliche Rente von 24.000 Dollar. Wer es genauer wissen möchte: Johor ist heute der südlichste Bundesstaat von Malaysia. Noch im gleichen Jahr soll die Einwohnerzahl von Singapur auf über 10.000 angewachsen sein.

Aufgrund seiner herausragenden geografischen Lage, entlang der verkehrsreichen Schifffahrtswege zwischen China und Europa, wuchs die Bedeutung von Singapur als Umschlaghafen von Jahr zu Jahr. Im April 1867 wurde Singapur, vor dem Hintergrund weiterer territorialer Expansionen, zur britischen Kronkolonie. Die Eröffnung des Suezkanals 1869 beschleunigte Bedeutung und Wachstum zusätzlich. Im Jahre 1881 hatte ganz Singapur bereits 172.993 Einwohner. 

Stadtstaat 

Wie ich finde, besitzen Stadtstaaten stets eine eindrucksvolle Geschichte. Schließlich behaupten sich eine kleine Community in der großen weiten Welt. Rom wuchs von einem Stadtstaat zum Weltreich. Im Mittelalter machten Städterepubliken wie Florenz, Venedig oder Genua von sich reden. Oder: Freie Reichsstädte im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, wie Augsburg, Nürnberg, Straßburg und Frankfurt.

In Deutschland von heute werden üblicherweise drei Bundesländer als Stadtstaaten bezeichnet. Aber so wirklich souverän ist der Stadtstaat Berlin nicht wirklich. Genauso wenig Hongkong, Macao oder Tsingtau. Diese Stadtstaaten standen historisch gesehen unter der kolonialen Verwaltung von Portugal, Großbritannien und Deutschland. Auch das ist längst Geschichte.

Tsingtau, der deutsche Kolonial-Handelsstützpunkt in China, wurde 1914 von den Japanern überrannt und 1922 ging die Stadt zurück an China. Die britische Kronkolonie Hongkong folgte 1997 und Macao 1999. Hongkong und Macao gelten heute als Sonderverwaltungszonen, die nach dem Prinzip „ein Land und zwei Systeme“ regiert werden.

Lange Rede kurzer Sinn: Souveräne Stadtstaaten gib es meines Wissens lediglich noch drei oder vier auf dieser Welt: Hier in Europa sind das Andorra, Monaco und der Vatikan. Zusammen haben die europäischen Stadtstaaten weniger Einwohner als eine mittlere deutsche Großstadt. Schließlich bleibt noch eine 5-Millionen-Metropole in Südostasien, ein echter Stadtstaat: Singapur

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